Wo er auftaucht, wird er bewundert: Seit der Landesausstellung 1939 begeistert der legendäre Rote Doppelpfeil «Churchill».
Der legendäre Zug wurde speziell für die Schweizerische
Landesausstellung von 1939 konstruiert. 1946 kutschierte er Winston Churchill von Genf nach Zürich, wo der
Staatsmann am 19. September in der Aula der Universität Zürich seine
berühmte Europa-Rede hielt: «Let Europe Arise!» Lasst Europa entstehen.
Seither heisst dieser Zug, der letzte von einst drei Roten
Doppelpfeilen, im Volksmund «Churchill».
«Churchill» ist das älteste Streckentriebfahrzeug der aktiven
SBB-Flotte und pro Jahr etwa 60-mal auf Sonderfahrt unterwegs. Mit
seinen 80 Jahren ist er aber auch schon ein Oldtimer, der auf steilen
Strecken arg ins Schnaufen kommt.
Deshalb wird er vorzugsweise in
der Ostschweiz eingesetzt. Ein ideales Gebiet, wie Mohler findet. «Dort
gibt es wunderschöne Nebenstrecken, bei denen auch einmal ein Fotohalt
eingelegt werden kann.» Höhepunkte seien jeweils spektakuläre Aussichten
auf den Rheinfall.
Gefahren wird «Churchill» von Lokführern mit Spezialausbildung, die auch
über technisches Know-how verfügen. Wenn der «alte Herr» nämlich
kränkelt, müssen sie schon mal selbst zum Schraubenzieher greifen. Die
SBB-Werkstätten sind nur bedingt für solche Patienten eingerichtet, und
diese Ersatzteile sind nicht immer an Lager.
Der Rote Doppelpfeil ist mit Bar und einer Küche ausgerüstet – und mit
Aschenbechern. Ihrer hat sich der passionierte Zigarrenraucher Churchill
bestimmt bedient – und sich dabei, wie kaum vermeidbar, wegen des
zurückfallenden Deckels einen Finger eingeklemmt.
Die ab 1935 in Betrieb genommenen Roten Pfeile zeigen im Übrigen, dass
auch Flops Erfolgsgeschichten schreiben können. Die knallroten
Triebwagen mit integriertem Führerstand waren mit einer
Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h, die übrigens stolz und analog im
Innern angezeigt wurde, viel zu schnell für das damalige Schweizer
Bahnnetz. Pfeilschnell eben.
Und sie waren für Linien mit niedrigem Verkehrsaufkommen, vorab den
Regionalverkehr, vorgesehen. Dieser boomte jedoch nach dem Krieg. So
wurden sie bald viel zu klein und durch Leichtschnellzüge ersetzt, die
zu Kompositionen zusammengesetzt werden konnten.
Manche ältere Herren erinnern sich zwar noch, dass sie im Roten Pfeil in
den Aktivdienst fuhren. Das sind wohl eher bange Erinnerungen. Doch der
Rote Pfeil fand seine Bestimmung im Ausflugsverkehr. So erzählen ältere
Herrschaften meist von fröhlichen Sonderfahrten.